Warum sind Sie in die Politik gegangen?
Weil ich etwas bewegen und weil ich für eine gerechtere Welt kämpfen wollte und will.
Was hat Sie dazu bewegt, in die SPD einzutreten?
Weil dies die einzige Partei ist, die das gleiche Ziel verfolgt. Mit Leidenschaft und Erfolg.
Gibt es eine sozialdemokratische Europapolitik?
Natürlich gibt es eine sozialdemokratische Europapolitik ! Wir setzen dem konservativ-liberalen Europamodell, das sich vornehmlich an den Interessen der Großunternehmen orientiert ein gemeinwohlorientiertes Europakonzept entgegen. Wir Sozialdemokraten treten für ein demokratisches Europa ein, das sämtliche EU-Bürger am wirtschaftlichen Erfolg der EU partizipieren lässt. Wir stehen für eine ökologisch nachhaltige Gestaltung der EU, für Transparenz und Sicherheit sowie für den chancengleichen Zugang zu Ausbildungs- und Bildungsstätten. Damit grenzen wir uns deutlich von dem nutzwertorientierten Europakonzept der konservativen Kräfte ab.
Haben Sie persönlich eine Vision für Europa, die Sie gerne politisch durchsetzen würden?
Ich begreife Europa als die Chance, das 21 Jahrhundert friedlich, sozial und ökonomisch nachhaltig zu gestalten. Meine Vision ist, Europa so zu gestalten, dass neben den EU-Bürgern auch andere, ärmere Teile dieser Erde am Wohlstand Europas teilnehmen können. Wir müssen den heutigen Entwicklungsländern eine echte Perspektive für das 21. Jahrhundert bieten. Die EU muss dieser Verantwortung gerecht werden.
Als Europa-Abgeordneter ist man viel unterwegs. Welche Rolle spielt die Familie in Ihrem Leben als Politiker?
Meine Familie ist mein Refugium. Sie gibt mir Kraft und Halt.
Was bedeutet für Sie Heimat?
Meine Stadt in der ich 10 Jahre Bürgermeister war.
Finden Sie überhaupt noch die Zeit zu lesen?
Ja, unbedingt ! Ich lese jeden Abend vor dem Einschlafen.
Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Mein letztest Buch, dass ich gelesen habe war "Spiegel des Engels" von Carlos Ruiz Zafon.
Wird es irgendwann die Vereinigten Staaten von Europa geben?
Ich bin überzeugt, dass das Zeitalter der klassischen Nationalstaaten des 19. und 20. Jahrhunderts unwiderruflich abgelaufen ist. Die Zukunft Europas liegt in der Integration der europäischen Völker, deren letztendliche Integration die Vereinigten Staaten von Europa sein könnte. Dieser Prozess ergibt sich allerdings nicht von selbst. Er muss täglich weiter vorangetrieben werden.
Mit dem Konvent hat Europa einen großen Schritt getan. Was muss als nächstes geschehen?
Der vom Konvent verabschiedete Verfassungsentwurf darf nicht wieder aufgeschnürt werden. Die Staats- und Regierungschefs wären gut beraten, den Verfassungsentwurf des Konvents anzunehmen und in Rom zu unterzeichnen.
Viele Bürger verbinden die EU-Osterweiterung mit steigenden Zahlungen für die Bundesrepublik und negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Wie sehen Sie das?
Oberflächlich gesehen mag das auf den ersten Blick so erscheinen. Betrachtet man sich jedoch die mittel- und langfristigen Konsequenzen der EU-Osterweiterung, wird Deutschland sicherlich zu den Gewinnern der Osterweiterung zählen, was sich auch auf unseren Arbeitsmarkt positiv auswirken wird.
Ihre Person ist eng verknüpft mit der Begleitung der Beitrittswünsche der Türkei zur EU. Welche Kriterien muss die Türkei in Zukunft erfüllen, um als Beitrittskandidat in Frage zu kommen?
Die Türkei muss die Kopenhagener Kriterien erfüllen, also: Übernahme des acquis communautaire, eine funktionsfähige Marktwirtschaft sowie die Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck des EG-Binnenmarktes standzuhalten, aber eben auch die Gewährleistung der demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung.
Wie wichtig ist für die EU die Schaffung eines EU-Außenministers? Wird dieser vom nichteuropäischen Ausland jemals ernst genommen werden, müsste er Entscheidungen doch erst mit den Regierungsspitzen der Mitgliedsstaaten koordinieren?
Eine EU, die zukünftig 450 Mio. Einwohner zählen wird, muss ihrer Verantwortung in der Welt endlich gerecht werden. Es ist die unabdingbare Aufgabe der Europäischen Union im 21. Jahrhundert einen starken Beitrag zur friedlichen Gestaltung der Welt zu leisten. Dazu ist es aber notwendig, nach außen mit einer europäischen Stimme zu sprechen. Diese europäische Stimme wird am besten durch einen europäischen Außenminister vertreten. Die Europäische Union wird sich keinen Außenminister leisten können, dessen Tätigkeit sich lediglich in der Koordination erschöpft. Eine GASP mit echten Mehrheitsentscheidungen ist aus meinem Europaverständnis nicht wegzudenken.
Wo möchten Sie gern Ihren Lebensabend verbringen?
In der Bretagne. Mit lieblichen französichen Chansons.
Welches ist Ihr Lieblingsreiseland?
Frankreich, vor allem das Loire-Tal.
Was bringt Sie auf die Palme?
Rassismus und Intoleranz.
Welche Sprachen sprechen Sie?
Französisch und Englisch.
Woran glauben Sie?
An das Gute im Menschen.
Bleibt bei Ihrem Terminkalender noch Platz für die Pflege alter Freundschaften?
Mein Terminkalender ist voll, aber ich versuche meine Freundschaften so gut es geht zu pflegen.
Viele Stimmen sind zu hören, dass Deutschland sich weg vom "Vollkasko-Staat" hin zu mehr Eigenverantwortung des Einzelnen entwickeln muss. Wie sehen Sie das?
Es ist richtig, dass es in Zukunft das staatliche 'Rundum-sorglos-Paket' so nicht mehr geben wird. Das den Menschen zu verschweigen wäre fatal. Dennoch wehre ich mich entschieden gegen einen Kapitalismus amerikanischer Prägung. Die Stärke des europäischen Sozialstaates hat sich bewiesen, und ich als Sozialdemokrat trete dafür ein, dass auch in Zukunft der Staat seine soziale Verantwortung wahrnehmen wird.
Welche Musik hören Sie?
Zum Leidwesen meiner Mitarbeiter höre ich zu selten Musik sondern singe zu häufig selbst. Am liebsten französische Lieder (eigene Kreationen...)
Ihr Lieblingsessen?
Alles, was meine Schwiegermutter kocht. Eine wahre Künstlerin !
Würden Sie Ihren Kindern empfehlen, Berufspolitiker zu werden?
Ich würde meinen Kindern keine Empfehlungen hinsichtlich ihres Berufswunsches geben. Aber selbst wenn ich es täte, glaube ich, dass die Kenntnis, die meine Kinder von dem Leben eines Berufspolitikers haben, sie an diesem Job nur begrenzt interessiert sein lässt.